Definition Senioren: Wie definiert man den Begriff?

|

Mario Vogelsteller

Bei der Entwicklung digitaler Angebote fßr bestimmte Zielgruppen ergeben sich häufig interessante Fragestellungen. Eine besonders relevante Herausforderung ist dabei die Erstellung einer barrierefreien Website fßr Seniorinnen und Senioren. Bevor man jedoch mit dem Design und der Programmierung beginnt, sollten zunächst zwei Fragen von essentieller Bedeutung geklärt werden:

  1. Wie wird der Begriff „Senioren“ definiert?
  2. Nach welchen Kriterien lässt sich der Begriff „Alter“ eingrenzen?

Eine genaue Definition von „Senioren“ und „Alter“ hilft, die spezifischen BedĂźrfnisse und Erwartungen der Zielgruppe besser zu verstehen und somit eine effektivere und benutzerfreundlichere Website zu entwickeln. Erst wenn diese grundlegenden Aspekte geklärt sind, kann mit der Entwicklung einer seniorengerechten und barrierefreien Website begonnen werden.

3.1. Definition des Begriffs „Senioren“

Senioren Definiton
Senioren Definiton

Der Begriff „Senioren“ bezeichnet in der Regel ältere Menschen. Doch wer alt ist und wer nicht, lässt sich heute nicht mehr so leicht entscheiden.

Der Dritte Bericht zur Lage der älteren Generation des Bundesministeriums fßr Familie, Senioren, Frauen und Jugend aus dem Jahr 2001 bezeichnet diejenigen Mitbßrger als Senioren, die eine Rente oder Pension beziehen. Die Lebensphase Alter wßrde demnach zwischen dem 60. und 65. Lebensjahr beginnen.

Allerdings gehen heute viele Menschen freiwillig vor dem 60. Lebensjahr in den Ruhestand, indem sie die MÜglichkeit der Altersteilzeit nutzen oder aus gesundheitlichen Grßnden vor Erreichen des Rentenalters erwerbsunfähig werden.

Der Autor GĂźnter Born wendet sich mit seinem Buch „Internet – leichter Einstieg fĂźr Senioren: E-Mail, Googeln, Einkaufen, Surfen“ an die Zielgruppe der Leserinnen und Leser ab 50 Jahren.

Doch ein bekanntes Sprichwort sagt:

Man ist so alt, wie man sich fĂźhlt.

Demnach wäre die Frage nach dem Alter eine Frage der individuellen Sichtweise.

In der Wissenschaft sollte die Frage nach dem Alter jedoch fßr alle Menschen gelten und von anderen Faktoren wie Krankheiten, Umwelteinflßssen oder genetischen Defekten abgegrenzt werden, da diese häufig heilbar oder zumindest behandelbar sind. Im Gegensatz dazu sind die Folgen des Alterns weder heilbar noch reversibel.

Die folgenden Unterabschnitte sollen aufzeigen, nach welchen Kriterien der Begriff „Alter“ abgegrenzt werden kann.

3.1.1. Kalendarisches oder chronologisches Alter

Dies ist zunächst die offensichtlichste Bestimmung des Alters eines Menschen: Je länger jemand gelebt hat, desto älter ist er.

Diese Definition greift jedoch sehr schnell zu kurz, wenn man die Entwicklung der Lebenserwartung der Menschen berßcksichtigt: Innerhalb von 80 Jahren ist die Lebenserwartung der BevÜlkerung in der Bundesrepublik Deutschland von etwa 45 Jahren auf ßber 70 Jahre gestiegen, also um etwa 30 Jahre. Damit hat sich natßrlich auch die kalendarische Messung des Alters stark verändert: War man vor 80 Jahren mit 45 Jahren bereits alt, so befindet man sich heute in diesem Alter erst in der Mitte des Lebens.

Zudem sind die Unterschiede in den Lebensformen und LebensmĂśglichkeiten – trotz einiger Gemeinsamkeiten wie z.B. der Lebenserwartung oder der gesetzlichen Altersgrenze – älterer Menschen in unserer heutigen Gesellschaft außerordentlich groß. Es ist daher nicht sinnvoll, zur Definition des Alters pauschal eine kalendarische Altersgrenze heranzuziehen. Es bedarf daher anderer Kriterien.

3.1.2. Biologisches Alter

Im Laufe eines jeden Lebens verändert sich die Vitalität des Organismus: Aufgrund zellulärer Veränderungen wird das Knochensystem brßchiger,  die Leistung der Sinnesorgane schwächt ab und das Herz-Kreislaufsystem wird beeinträchtigt. All dies fßhrt zu Anpassungsproblemen des Gesamtorganismus bei Veränderungen der Umwelt und fßhrt  zu einem erhÜhten Krankheitsrisiko.

Erkennbar  wird der  biologische Alterungsprozess auch am äußeren Erscheinungsbild eines Menschen:

  • Haare fallen aus oder werden grau
  • Die Haut wird dĂźnn und faltig
  • Die Haltung word gebĂźckter
  • Der Gang ist vorsichtiger.

Die Wissenschaft spricht aufgrund dieser Veränderungen zirka ab dem siebzigstem Lebensjahr von alten Menschen.

Diese Definition ist also an die Abnahme der Organleistung geknßpft. Gleichzeitig ist sie jedoch auch ungenßgend, da beispielsweise die Abnahme der Muskelkraft, die Trßbung der Augenlinse oder die Einschränkung der HÜrfähigkeit nicht nur individuell verschieden sind, sondern häufig bereits ab dem dritten Lebensjahrzehnt beginnen und durch technische Hilfsmittel kompensiert werden kÜnnen.

3.1.3. Psychologisches Alter

Das psychologische Alter eines Menschen wird an Veränderungen des Gedächtnisses, des Denkens oder Fßhlens, an der Abnahme der psychischen Belastbarkeit oder an Veränderungen der Identität oder der Lebenszufriedenheit gemessen.

Untersuchungen haben gezeigt, dass die Intelligenz älterer Menschen in bestimmten Bereichen abnimmt, die Gedächtnisleistung beim Lernen nachlässt und die psychomotorische Leistungsfähigkeit abnimmt. Wie bei der biologischen Altersbestimmung mßssen jedoch auch hier individuelle Leistungsunterschiede zwischen Personen gleichen Alters berßcksichtigt werden. Defizite kÜnnen beispielsweise durch Gedächtnistraining ausgeglichen werden.

Darßber hinaus sind kulturelle, historische und soziale Einflßsse zu berßcksichtigen, die eine ganze Generation prägen kÜnnen.

3.1.4. Soziales Alter

Das Leben eines Menschen ist von sozial entstandenen Festschreibungen geprägt. Diese geben uns vor, was in welchem Alter mÜglich oder unmÜglich ist.

Hierzu gehĂśren unter anderem:

  • Einschulungsalter
  • FĂźhrerscheinalter
  • Volljährigkeit

Möglichkeiten, auf diese Weise zu bestimmen, wer „alt“ ist, wären beispielshalber:

  • Der Übergang ins Rentenalter
  • Das Ausziehen der Kinder aus dem elterlichen Haus
  • Eine Berufsunfähigkeit
  • Die Menopause.

Unsere Gesellschaft steht jedoch vor dem Problem, dass diese sozialen Altersgrenzen oft als natĂźrliche Altersgrenzen missverstanden werden.

Das Fßhrerscheinalter von 18 Jahren bedeutet nicht, dass ein 17-Jähriger nicht in der Lage ist, ein Kraftfahrzeug zu fßhren. Und Rentner zu sein bedeutet nicht, kÜrperlich oder geistig nicht mehr arbeitsfähig zu sein.

3.2. Wie alt sind Senioren? Definition „alte Menschen“

Senioren: Bedeutung des Wortes
Senioren: Bedeutung des Wortes

Gerade das letzte Beispiel zeigt ein weiteres Problem gesellschaftlicher Altersdefinitionen: Wie alt sind Senioren?

In einer Zeit, in der es Millionen von Arbeitslosen oder Frührentnern gibt, kann man den Begriff „Senioren“ nicht mehr mit dem Attribut „nicht mehr erwerbstätig“ belegen und das Renteneintrittsalter als Alterskriterium heranziehen.

Es zeigt sich also, dass auch mit Hilfe wissenschaftlicher Erkenntnisse Begriffe wie „Alter“ oder „Senioren“ nicht eindeutig definiert werden können. Wenn von Senioren die Rede ist, so sind damit Personen gemeint, die einige, aber nicht notwendigerweise alle der oben genannten Merkmale in sich vereinen.

Es handelt sich also um eine Herausforderung von großer Bedeutung, den richtigen Umgang mit solchen Begrifflichkeiten zu finden.

Mehr zum Thema Usability.

1 Gedanke zu „Definition Senioren: Wie definiert man den Begriff?“

  1. Hallo,
    als Gerontologe und Leiter eines Pflegedienstes kann ich Ihre Aussagen nur unterstreichen.Kompliment zu Ihrem Blog und Grüße aus Karlsruhe

    Adriano Pierobon
    Humanis Pflegedienst

Die Kommentare sind geschlossen.