Definition Senioren: Wie definiert man den Begriff?
Bei der Entwicklung digitaler Angebote fĂŒr bestimmte Zielgruppen ergeben sich hĂ€ufig interessante Fragestellungen. Eine besonders relevante Herausforderung ist dabei die Erstellung einer barrierefreien Website fĂŒr Seniorinnen und Senioren. Bevor man jedoch mit dem Design und der Programmierung beginnt, sollten zunĂ€chst zwei Fragen von essentieller Bedeutung geklĂ€rt werden:
- Wie wird der Begriff “Senioren” definiert?
- Nach welchen Kriterien lĂ€sst sich der Begriff âAlterâ eingrenzen?
Eine genaue Definition von “Senioren” und “Alter” hilft, die spezifischen BedĂŒrfnisse und Erwartungen der Zielgruppe besser zu verstehen und somit eine effektivere und benutzerfreundlichere Website zu entwickeln. Erst wenn diese grundlegenden Aspekte geklĂ€rt sind, kann mit der Entwicklung einer seniorengerechten und barrierefreien Website begonnen werden.
3.1. Definition des Begriffs âSeniorenâ
Der Begriff “Senioren” bezeichnet in der Regel Ă€ltere Menschen. Doch wer alt ist und wer nicht, lĂ€sst sich heute nicht mehr so leicht entscheiden.
Der Dritte Bericht zur Lage der Ă€lteren Generation des Bundesministeriums fĂŒr Familie, Senioren, Frauen und Jugend aus dem Jahr 2001 bezeichnet diejenigen MitbĂŒrger als Senioren, die eine Rente oder Pension beziehen. Die Lebensphase Alter wĂŒrde demnach zwischen dem 60. und 65. Lebensjahr beginnen.
Allerdings gehen heute viele Menschen freiwillig vor dem 60. Lebensjahr in den Ruhestand, indem sie die Möglichkeit der Altersteilzeit nutzen oder aus gesundheitlichen GrĂŒnden vor Erreichen des Rentenalters erwerbsunfĂ€hig werden.
Der Autor GĂŒnter Born wendet sich mit seinem Buch “Internet – leichter Einstieg fĂŒr Senioren: E-Mail, Googeln, Einkaufen, Surfen” an die Zielgruppe der Leserinnen und Leser ab 50 Jahren.
Doch ein bekanntes Sprichwort sagt:
Man ist so alt, wie man sich fĂŒhlt.
Demnach wÀre die Frage nach dem Alter eine Frage der individuellen Sichtweise.
In der Wissenschaft sollte die Frage nach dem Alter jedoch fĂŒr alle Menschen gelten und von anderen Faktoren wie Krankheiten, UmwelteinflĂŒssen oder genetischen Defekten abgegrenzt werden, da diese hĂ€ufig heilbar oder zumindest behandelbar sind. Im Gegensatz dazu sind die Folgen des Alterns weder heilbar noch reversibel.
Die folgenden Unterabschnitte sollen aufzeigen, nach welchen Kriterien der Begriff âAlterâ abgegrenzt werden kann.
3.1.1. Kalendarisches oder chronologisches Alter
Dies ist zunÀchst die offensichtlichste Bestimmung des Alters eines Menschen: Je lÀnger jemand gelebt hat, desto Àlter ist er.
Diese Definition greift jedoch sehr schnell zu kurz, wenn man die Entwicklung der Lebenserwartung der Menschen berĂŒcksichtigt: Innerhalb von 80 Jahren ist die Lebenserwartung der Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland von etwa 45 Jahren auf ĂŒber 70 Jahre gestiegen, also um etwa 30 Jahre. Damit hat sich natĂŒrlich auch die kalendarische Messung des Alters stark verĂ€ndert: War man vor 80 Jahren mit 45 Jahren bereits alt, so befindet man sich heute in diesem Alter erst in der Mitte des Lebens.
Zudem sind die Unterschiede in den Lebensformen und Lebensmöglichkeiten – trotz einiger Gemeinsamkeiten wie z.B. der Lebenserwartung oder der gesetzlichen Altersgrenze – Ă€lterer Menschen in unserer heutigen Gesellschaft auĂerordentlich groĂ. Es ist daher nicht sinnvoll, zur Definition des Alters pauschal eine kalendarische Altersgrenze heranzuziehen. Es bedarf daher anderer Kriterien.
3.1.2. Biologisches Alter
Im Laufe eines jeden Lebens verĂ€ndert sich die VitalitĂ€t des Organismus: Aufgrund zellulĂ€rer VerĂ€nderungen wird das Knochensystem brĂŒchiger, die Leistung der Sinnesorgane schwĂ€cht ab und das Herz-Kreislaufsystem wird beeintrĂ€chtigt. All dies fĂŒhrt zu Anpassungsproblemen des Gesamtorganismus bei VerĂ€nderungen der Umwelt und fĂŒhrt zu einem erhöhten Krankheitsrisiko.
Erkennbar wird der biologische Alterungsprozess auch am Ă€uĂeren Erscheinungsbild eines Menschen:
- Haare fallen aus oder werden grau
- Die Haut wird dĂŒnn und faltig
- Die Haltung word gebĂŒckter
- Der Gang ist vorsichtiger.
Die Wissenschaft spricht aufgrund dieser VerÀnderungen zirka ab dem siebzigstem Lebensjahr von alten Menschen.
Diese Definition ist also an die Abnahme der Organleistung geknĂŒpft. Gleichzeitig ist sie jedoch auch ungenĂŒgend, da beispielsweise die Abnahme der Muskelkraft, die TrĂŒbung der Augenlinse oder die EinschrĂ€nkung der HörfĂ€higkeit nicht nur individuell verschieden sind, sondern hĂ€ufig bereits ab dem dritten Lebensjahrzehnt beginnen und durch technische Hilfsmittel kompensiert werden können.
3.1.3. Psychologisches Alter
Das psychologische Alter eines Menschen wird an VerĂ€nderungen des GedĂ€chtnisses, des Denkens oder FĂŒhlens, an der Abnahme der psychischen Belastbarkeit oder an VerĂ€nderungen der IdentitĂ€t oder der Lebenszufriedenheit gemessen.
Untersuchungen haben gezeigt, dass die Intelligenz Ă€lterer Menschen in bestimmten Bereichen abnimmt, die GedĂ€chtnisleistung beim Lernen nachlĂ€sst und die psychomotorische LeistungsfĂ€higkeit abnimmt. Wie bei der biologischen Altersbestimmung mĂŒssen jedoch auch hier individuelle Leistungsunterschiede zwischen Personen gleichen Alters berĂŒcksichtigt werden. Defizite können beispielsweise durch GedĂ€chtnistraining ausgeglichen werden.
DarĂŒber hinaus sind kulturelle, historische und soziale EinflĂŒsse zu berĂŒcksichtigen, die eine ganze Generation prĂ€gen können.
3.1.4. Soziales Alter
Das Leben eines Menschen ist von sozial entstandenen Festschreibungen geprÀgt. Diese geben uns vor, was in welchem Alter möglich oder unmöglich ist.
Hierzu gehören unter anderem:
- Einschulungsalter
- FĂŒhrerscheinalter
- VolljÀhrigkeit
Möglichkeiten, auf diese Weise zu bestimmen, wer âaltâ ist, wĂ€ren beispielshalber:
- Der Ăbergang ins Rentenalter
- Das Ausziehen der Kinder aus dem elterlichen Haus
- Eine BerufsunfÀhigkeit
- Die Menopause.
Unsere Gesellschaft steht jedoch vor dem Problem, dass diese sozialen Altersgrenzen oft als natĂŒrliche Altersgrenzen missverstanden werden.
Das FĂŒhrerscheinalter von 18 Jahren bedeutet nicht, dass ein 17-JĂ€hriger nicht in der Lage ist, ein Kraftfahrzeug zu fĂŒhren. Und Rentner zu sein bedeutet nicht, körperlich oder geistig nicht mehr arbeitsfĂ€hig zu sein.
3.2. Wie alt sind Senioren? Definition “alte Menschen”
Gerade das letzte Beispiel zeigt ein weiteres Problem gesellschaftlicher Altersdefinitionen: Wie alt sind Senioren?
In einer Zeit, in der es Millionen von Arbeitslosen oder FrĂŒhrentnern gibt, kann man den Begriff âSeniorenâ nicht mehr mit dem Attribut ânicht mehr erwerbstĂ€tigâ belegen und das Renteneintrittsalter als Alterskriterium heranziehen.
Es zeigt sich also, dass auch mit Hilfe wissenschaftlicher Erkenntnisse Begriffe wie âAlterâ oder âSeniorenâ nicht eindeutig definiert werden können. Wenn von Senioren die Rede ist, so sind damit Personen gemeint, die einige, aber nicht notwendigerweise alle der oben genannten Merkmale in sich vereinen.
Es handelt sich also um eine Herausforderung von groĂer Bedeutung, den richtigen Umgang mit solchen Begrifflichkeiten zu finden.
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